Unternehmens­steuer­reform 2008

Von StB Dipl.-Kffr. Claudia Will und WP StB Dipl.-Kfm. Thorsten Cordes Stand 2008

Zum 1. Januar 2008 treten (wie jedes Jahr) steuerlich wieder zahlreiche Neuregelungen in Kraft. Von Bedeutung ist dabei vor allem das Unternehmensteuerreformgesetz 2008. Im Folgenden soll auf einige aus unserer Sicht wesentliche Aspekte und deren Bedeutung noch einmal aufmerksam gemacht werden:

1. Besteuerung der Kapitalgesellschaften und deren Anteilseigner:

  • Der Körperschaftsteuersatz wird zum 1. Januar 2008 von 25 % auf 15 % gesenkt. Unter Einbeziehung gewerbesteuerlicher Änderungen soll damit auf Gesellschaftsebene die steuerliche Gesamtbelastung von ca. 38,7 % auf ca. 29,8 % (bei 400 % GewSt-Hebesatz) gesenkt werden. Es wäre daher zu überlegen, ob zur Ausnutzung der künftig geringeren Ertragssteuerbelastung  Gewinne in die Zeit ab 2008 verlagert werden können.
  • Kein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten mehr bei Beteiligungen im Privatvermögen (z.B. Zinsen bei fremdfinanziertem Anteilserwerb, Darlehensumschuldungen)

Ab 2009 löst das Teileinkünfteverfahren das Halbeinkünfteverfahren ab. Danach sind 60 % der Gewinnausschüttungen sowie Veräußerungsgewinne und -verluste steuerpflichtig (bisher 50%ige Steuerpflicht). Problematisch ist dabei jedoch, dass bei Beteiligungen im Privatvermögen Werbungskosten nur noch in Höhe eines pauschalen Werbungskostenfreibetrages (801 €/1.602 €) abgezogen werden können. Dies kann im Einzelfall zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen, insbesondere wenn der Anteilserwerb fremdfinanziert wurde oder z.B. bei Umschuldungen von der Gesellschaft auf den Gesellschafter. Die anfallenden Zinsen konnten bislang gem. dem Halbeinkünfteverfahren zur Hälfte als Werbungskosten angesetzt werden. Die Zinsaufwendungen sind nun abgesehen vom WK-Freibetrag steuerlich gesehen „verloren“. Bei Beteiligungen im Betriebsvermögen hingegen verbleibt es beim anteiligen Abzug (60 %) der tatsächlichen Werbungskosten. Es wäre daher im Einzelfall zu überlegen, ob die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in Betriebsvermögen sinnvoll und möglich ist, um in den Bereich des Teileinkünfteverfahrens zu gelangen (hier 60%iger WK-Abzug).

  • Untergang des steuerlichen Verlustvortrages bei Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

Es geht hierbei um die Frage, was mit steuerlichen Verlustvorträgen einer Kapitalgesellschaft geschieht, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden. Die bisherige Regelung forderte für den Bestand des steuerlichen Verlustabzugs, dass die Gesellschaft, welche den Verlust geltend macht und die Gesellschaft, welche den Verlust erlitten hat, rechtlich und wirtschaftlich identisch sind. Diese Identität wurde verneint, wenn mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen und die Gesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt wurde. Gemäß der Neuregelung reicht ab 2008 der schädliche Beteiligungserwerb zum vollen oder teilweisen Untergang eines Verlustvortrages aus. Werden somit innerhalb von 5 Jahren mehr als 25 %[1] der Anteile durch einen einzigen Erwerber (einschließlich ihm nahe stehender Personen) erworben, geht ein steuerlicher Verlustvortrag ganz oder teilweise verloren. Dies gilt auch bei unentgeltlichen Übertragungen, also auch Schenkungen und die vorweggenommene Erbfolge. Im konkreten Fall können sich aufgrund der Neuregelung erhebliche Probleme und finanzielle Belastungen ergeben. Vor Anteilsübertragungen sollten diesbzgl. Folgen daher geprüft werden.

2. Besteuerung von Personenunternehmen:

Begünstigung thesaurierter (nicht entnommener) Gewinne:

Nicht entnommene Gewinne werden auf Antrag statt mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen nur mit 28,25 % (inkl. Soli ca. 29,8 %) besteuert. Bei der späteren Entnahme kommt es jedoch zu einer Nachbesteuerung. Unabhängig vom individuellen Steuersatz wird der Entnahmebetrag dann mit 25 % zzgl. Soli/ggf. KiSt besteuert. Die steuerliche Belastung entnommener Gewinne beträgt damit stets 48,3 % (ohne KiSt). Die Steuerbelastung insgesamt entspricht damit in etwa der Steuerbelastung ausgeschütteter Gewinne bei einer Kapitalgesellschaft. Eine bessere Rechtsformneutralität ist damit tatsächlich erreicht. Für Unternehmen mit geringen Gewinnen, dürfte das Personenunternehmen aber nach wie vor die günstigere Rechtsform bleiben. Nur in den Fällen, in denen es tatsächlich zu einer sehr langen Thesaurierungszeit kommt, kann die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung sinnvoll sein (Zinseffekt). Ausschlaggebend hierbei ist der individuelle Einkommensteuersatz. Bei einem geringen Einkommensteuersatz ist die Neuregelung tendenziell weniger attraktiv als bei hohen Steuersätzen. So entsteht ein tatsächlicher Zinsvorteil (durch die spätere Nachversteuerung) bei einem Einkommensteuersatz von 45 % nach einer Thesaurierungszeit von etwa 2 Jahren, bei einem Einkommensteuersatz von 35 % erst nach etwa 41 Jahren. Dies zeigt, dass wahrscheinlich in den meisten Fällen eine Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung nicht sinnvoll ist. Im Übrigen ist mit der Neuregelung auch ein erhöhter Verwaltungsaufwand verbunden. Die Eigenkapitalentwicklung muss nämlich Nachgehalten werden. Zu erwähnen ist auch, dass Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung die Bilanzierung ist.

3. Gewerbesteuer:

  • Senkung der Steuermesszahl von 5 % auf 3,5 %, Abschaffung des Staffeltarifs
  • Gewerbesteuer ist keine Betriebsausgabe mehr. Bislang galt die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe und minderte damit die körperschafts-/einkommenssteuerliche sowie die eigene Bemessungsgrundlage. Dies gilt in Zukunft nicht mehr.
  • Freibetrag von 24.500 € für Personenunternehmen bleibt
  • Erhöhung des Anrechnungsfaktors der GewSt bei der Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 (bei GewSt-Hebesätzen bis 400 % damit wie bisher Vollanrechung der GewSt auf die ESt)

Hinzurechnung aller Schuldzinsen und Zinsanteile in Mieten, Pachten, Leasing- und Lizenzgebühren

Während bislang nur Schuldzinsen für sog. Dauerschulden bei der Ermittlung des Gewerbeertrages zur Hälfte wieder hinzugerechnet wurden, sollen künftig alle Schuldzinsen zu 25 % (ohne Saldierung mit Guthabenzinsen) hinzugerechnet werden. Finanzierungsanteile in Mieten, Pachten, Leasing- und Lizenzgebühren werden ebenfalls zu 25 % hinzugerechnet. Die Finanzierungsanteile werden dabei gesetzlich mit einem pauschalen Prozentsatz festgelegt (20 % der Mietzahlungen bei beweglichen Wirtschaftsgütern, 75 % der Mieten bei unbeweglichen Wirtschaftgütern, 25% bei Lizenzen). Es wird zwar ein Freibetrag in Höhe von 100 T€ gewährt. Für einige Unternehmen wird sich jedoch infolge der Neureglung eine steuerliche Mehrbelastung ergeben. Insbesondere Unternehmen mit hohen Zins-, Miet- und Leasingzahlungen können betroffen sein.

Besonders betroffen sein können hiervon Betriebsaufspaltungen. Hier kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Die Pachten werden als Einnahmen beim Besitzunternehmen der Gewerbesteuer unterworfen und durch die erweiterte Hinzurechung sind sie auch bei der Betriebsgesellschaft noch einmal z.T. gewerbesteuerpflichtig. Es wäre daher zu überlegen, ob die Auflösung einer Betriebsaufspaltung sinnvoll ist (sofern überhaupt möglich), um die Doppelbesteuerung zu verhindern.

4. Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs von Zinsaufwendungen:

Ab 2008 wird eine sog. Zinsschranke eingeführt, wonach betrieblich veranlasste Zinsaufwendungen nur noch bis zu 30 % des Gewinns vor Zinsen, Ertragsteuern und Abschreibungen als Betriebsausgabe abzugsfähig sein sollen. Auslöser der Neuregelung waren die häufig zu Lasten des deutschen Steueraufkommens gewählten Finanzierungsstrukturen in Konzernen. Die Zinsaufwendungen werden vor Anwendung der Zinsschranke mit den Zinserträgen verrechnet. Ein nicht abziehbarer Anteil kann in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden. Zu beachten ist jedoch, dass im Falle der Aufgabe oder Übertragung eines Betriebs ein etwaiger Zinsvortrag untergeht. Die Neureglung wird durch die Einführung eines Sockebetrages aber deutlich entschärft. So greift die Zinsschranke erst bei einen Überschuss der Zinsaufwendungen über die Zinserträge von 1 Mio. € (Freigrenze). Kleine und mittelständische Unternehmen dürften daher im Regelfall nicht von der Zinsschranke betroffen sein, da sie erst ab einem Kreditvolumen von 20 Mio. € greift.

5. neue Anspar- und Sonderabschreibung (§ 7g EStG):

Die Neuregelung ist vor dem Hintergrund des Wegfalls der degressiven Abschreibung zu sehen. Auf eine detaillierte Darstellung der Neuregelung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Wesentlich ist nur:

  • Die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen ist künftig unabhängig von der vorherigen Bildung einer Rücklage möglich
  • Die Größenmerkmale werden leicht erhöht
  • Künftig sind auch gebrauchte Wirtschaftsgüter begünstigt
  • Erhöhung der Verbleibensdauer von 1 auf 2 Jahre
  • Geänderte bilanzielle Behandlung des Investitionsabzugsbetrages (Anspar-AfA)
  • Verlängerung der Investitionsfrist von 2 auf 3 Jahren bzgl. des Investitionsabzugsbetrages

Bedeutsam ist insbesondere für Existenzgründer, dass künftig eine mit der Ansparabschreibung für Existenzgründer vergleichbare Sonderregelung nicht mehr existiert. Unter der Annahme, dass das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, besteht letztmals zum 31.12.2006 die Möglichkeit zur Bildung von Ansparabschreibungen nach altem Recht, d.h. zum 31.12.2007 bereits Investitionsabzugsbetrag. Bezüglich der neuen Sonderabschreibung wird bestimmt, dass diese erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2007 angeschafft oder hergestellt werden.

6. Abgeltungssteuer 2009 (auf private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne):

Die Abgeltungssteuer gilt für Zinsen, Dividenden und Erlöse aus Wertpapierverkäufen, die ab dem 1. Januar 2009 zufließen. Der Abgeltungssteuersatz von 25 % zzgl. Soli und KiSt wird von der Bank direkt einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Ab dem 1. Januar 2009 entfällt die bis dahin geltende Spekulationsfrist auf Wertpapiere und das Halbeinkünfteverfahren. D.h. unabhängig von der Haltedauer von Wertpapieren sind Gewinne/Verluste aus der Veräußerung stets steuerpflichtig. Bei der Abgeltungssteuer wird die Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus Aktienverkäufen mit allen anderen Kapitaleinkünften gestrichen. Damit ist ab 2009 ein Ausgleich nur noch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen möglich. Lebensversicherungen, die der Altersvorsorge dienen, werden jedoch nach wie vor nur zur Hälfte bei Fälligkeit besteuert, wenn sie nach dem 60. Lebensjahr und nach Ablauf von mindestens zwölf Jahren ausgezahlt werden. Für private Anleger wird ein Sparerpauschbetrag als Werbungskostenpauschale für die Einkünfte aus Kapitalvermögen von 801/1.602 € eingeführt. Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausdrücklich ausgeschlossen. Damit können auch keine laufenden Zinsaufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht werden, die z.B. aufgrund einer Refinanzierung des angelegten Vermögens durch Bankkredite etc. anfallen. Die laufenden Zins- oder Dividendeneinahmen unterliegen insoweit zukünftig brutto voll der Abgeltungssteuer. Entsprechende Refinanzierungsmodelle sollten daher überprüft werden. Die Neuregelungen gelten ab 2009. Für bis 2008 erworbene Wertpapiere im Privatvermögen hingegen gilt bzgl. der Veräußerungserlöse nach wie vor die Altregelung, nach der Veräußerungsgewinne steuerfrei sind, sobald die Spekulationsfrist von einem Jahr überschritten wird. Geplante Anschaffungen sollten daher zur Ermöglichung einer zukünftig steuerfreien Veräußerung eher noch in 2008 als in 2009 erfolgen, soweit dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

7. Jahressteuergesetz 2008:

Auch das diesjährige Jahressteuergesetz sieht wieder Neuregelungen vor. Von Bedeutung sind dabei:

Nachbelastung von alten Eigenkapitalbeständen EK02 (z.B. steuerfreie Investitionszulagen):
Bisher kam es zu einer Körperschaftsteuererhöhung, wenn bei Ausschüttungen und vergleichbaren Leistungen an Anteilseigner alte EK02-Bestände (steuerfreie Eigenkapitalbestandteile) verwendet wurden. Gemäß dem JStG 2008 sollen künftig jedoch unabhängig von einer Ausschüttung alte EK02-Bestände zwingend aufgelöst werden. Letztmalig zum 31.12.2006 soll ein EK02-Bestand festgestellt werden. Auf diesen werden dann pauschal 3 % als KSt-Erhöhungsbetrag festgesetzt. Dieser ist dann von 2008 bis 2017 in gleichgroßen Raten zu entrichten. Je nach Höhe des EK02-Bestandes kann sich daher eine zwangsläufige steuerliche Belastung ergeben.

Verschärfung des Steuermissbrauchstatbestandes gem. § 42 AO:
Dem Gesetzgeber missfällt, das Steuerpflichtige bestimmte rechtliche Gestaltungen zum Zwecke der Steuerminimierung wählen. Er will daher künftig gesetzlich normiert jede “ungewöhnliche Gestaltung” als Missbrauch einstufen, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe dargelegt werden. Wer eine Steuer sparende Gestaltung wählt, muss also in Zukunft darlegen, welche außersteuerlichen Gründe für seine Gestaltungsentscheidung maßgebend waren. Diese müssen üblich sein. Was darunter zu verstehen ist, wird letztlich wohl gerichtlich zu klären sein. Ein Beitrag zur Planungssicherheit wird durch die Neuregelung sicher nicht geleistet. Es bleibt abzuwarten, welchen Gebrauch die Finanzverwaltungen tatsächlich von der Neuregelung machen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zum 1. Januar 2008 einige Neuregelungen in Kraft treten, die zu nicht unbeachtlichen steuerlichen Konsequenzen führen können. So kann z.B. durch den Wegfall des tatsächlichen Werbungskostenabzugs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bzgl. im Privatvermögen gehaltener Anteile oder aber durch die neuen Hinzurechnungstatbestände bei der Gewerbesteuer eine nicht unerhebliche steuerliche Mehrbelastung entstehen. Mögliche entgegenwirkende Gestaltungsmaßnahmen wären hier zu prüfen. Es kann an dieser Stelle jedoch auch schon festgehalten werden, dass einige Neuregelungen sicher wieder von den Gerichten auf ihre Rechtmäßigkeit/Verfassungsmäßigkeit zu prüfen sind. Die Finanzverwaltung wird dann wahrscheinlich wieder neuer Vorläufigkeitsvermerke in die Steuerbescheide aufnehmen oder es sind entsprechende Einsprüche einzulegen. Die Entwicklung kann hier nur abgewartet werden.